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Nachwuchssorgen im gewerblichen Bereich – Warum das Handwerk für viele nicht mehr „goldenen Boden“ hat

Dieter K. ist Parkettlegemeister mit eigenem Betrieb in Augsburg. Eigentlich könnte er sich freuen, denn so gut wie im Augenblick waren seine Geschäftsbücher im Laufe seiner Selbständigkeit noch nie gefüllt. Denn der Wohnungsbau in Augsburg brummt, und Betriebe wie der seine, bieten daher eine heiß begehrte Dienstleistung an.

Doch Dieter K. ist eher zum Klagen zu Mute: „Ich kann meine Aufträge nicht abarbeiten. Kunden müssen monatelang auf einen Termin warten und sind dementsprechend unzufrieden. Und ich bekomme einfach kein Personal, um meine Kapazitäten aufzustocken.“

Kunden, die keinen Handwerker bekommen, Handwerksbetriebe, die keine Azubis und Mitarbeiter finden, und das alles, obwohl Handwerk doch „goldenen Boden“ hat und als zukunfts- und krisensicher gilt… was sind die Ursachen für diese Schieflage? Sprecher von Handwerkskammern beklagen, dass Politik und Wirtschaft in den letzten Jahren immer stärker die Akademisierung der Ausbildung gefördert und damit suggeriert hätten, dass eine duale Berufsausbildung, zumal im Handwerk, nicht mehr viel wert sei. Und ja, der Trend geht zum Studium, und sehr viele Eltern folgen dieser Entwicklung und wünschen sich für ihre Kinder das vermeintlich Beste – also einen Hochschulabschluss. Doch ist es wirklich so einfach? Tragen Handwerksbetriebe nicht auch einen Teil der Verantwortung, wenn sie heute immer schwerer geeignete Azubis finden?

Orientierungsberater Andreas Peez aus München sieht die Situation differenziert: „Aus meiner Beratungspraxis weiß ich, dass Berufsausbildungen grundsätzlich weniger geschätzt werden als früher. Aber es trifft nicht alle Bereiche gleich hart.“ Denn, so Peez, wenn aufgrund der zurückgehenden Geburtenzahlen heute weniger Schulabgänger auf den Arbeitsmarkt kommen, dann wächst die Konkurrenz um die Azubis, und diese wählen dann gerne einen „Schreibtischjob“: „Den jungen Leuten ist durchaus bewusst, dass ein Handwerksberuf häufig körperlich anstrengend, teilweise auch witterungsabhängig und manchmal einfach nichts ist, was man ein ganzes Berufsleben lang durchhält“. Verwaltung und Industrie hingegen bieten Arbeitsplätze, die diese Nachteile nicht haben, und zahlen langfristig gesehen oft auch ein höheres Gehalt.

Ein weiterer Punkt, der bei Orientierungsberater Andreas Peez in Gesprächen häufig genannt wird, ist das häufig schlechte Betriebsklima im Handwerk. „Natürlich kann man das auf keinen Fall verallgemeinern, aber wenn ein Betrieb unter starkem Zeitdruck steht und dort gestresste Chefs auf teilweise vielleicht nur mäßig motivierte oder geeignete Azubis treffen, kann man sich vorstellen, dass es häufiger kracht.“ Doch mangelnde Wertschätzung, früher unter dem Spruch „Lehrjahre sind keine Herrenjahre“ als unvermeidbares Übel abgetan, wird für ausbildende Betriebe heute zu einem echten Problem. Denn die Azubis haben oft Optionen und nehmen diese im Zweifelsfall auch wahr.

Orientierungsberater Peez aus München rät Handwerksbetrieben daher, sich moderner zu präsentieren, was manche Unternehmen durchaus schon erfolgreich praktizieren: „Ja, der Trend zum Studium ist da und schadet auch dem Handwerk. Aber das Image-Problem ist auch selbst verschuldet. Eine gute Betreuung der Auszubildenden, klare und attraktive Karrierewege innerhalb des Unternehmens und eine moderne Personalentwicklung sind heute unerlässlich. Und selbst ein kleiner Betrieb kann in diesen Bereichen bezahlbare und erfolgreiche Maßnahmen umsetzen. Das Handwerk muss es ernst nehmen mit seiner Image-Pflege, dann kann es junge Leute überzeugen.“

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